Stefan H.
5/5
Klassisches Restaurant mit sehr guter Küche und eigenwilligem Konzept – empfehlenswert!
Das Oscar liegt am nördlichen Rand der Altstadt, quasi gegenüber der City Arkaden, ist also von allen Innenstadthotels gut zu Fuß zu erreichen. Wer von oder in Richtung Hauptbahnhof mit den Öffentlichen fahren möchte, nutzt am besten an der Haltestelle Heuplatz oder Stadtwerke den Bus der Taglinie 40/42 oder der Abendlinie 94.
Das Publikum rekrutiert sich überwiegend aus Angehörigen der Generation X, wobei sich auch einige frühe Millennials und späte Baby Boomer wie ich darunter finden. Einen Dress-Code gibt es nicht. Die Garderobe der meisten Gäste entspricht aber dem eleganten Ambiente und den edel gedeckten Tischen. Auch der Service tritt konventionell im einheitlichen Kellnergewand auf. Gleichwohl herrscht keinesfalls eine steife oder gar verkrampfte Atmosphäre. Ich wurde sehr freundlich begrüßt und persönlich zu meinem Platz geleitet. Ich fühlte mich den ganzen Abend von meinem ebenso aufmerksamen wie unaufdringlichen Ober sehr gut betreut und versorgt. Besonders gefreut habe ich mich, dass ich jedes Mal gefragt wurde, ob der nächste Gang serviert werden kann.
Es ist nicht ganz so einfach, sich in dem sehr umfangreichen Angebot, das sich auf mehrere Karten verteilt, zurechtzufinden. Neben der Abendkarte mit zahlreichen Gerichten, die in Vorspeisen, Hauptspeisen, Steakempfehlungen und Desserts unterteilt sind, gibt es das Sortiment „Oscar empfiehlt“, den Oscar zum Degustieren am Mittag und am Abend. Außerdem findet man tagsüber in einer Mittagskarte noch das Menü der Woche. Alle Vor- und Hauptspeisen werden als kleine und große Portion angeboten. Eigentlich bin ich kein Freund überfrachteter Speisekarten, muss aber hier zugeben: die Küche glänzt durch Klasse trotz Masse. Chapeau!
Die Auswahl an offenen Weinen ist überschaubar, man kann sich aber getrost darauf verlassen, vom Service den zu jedem Gericht passenden Wein empfohlen zu bekommen.
Die kleinen Portionen liegen überwiegend bei sehr günstigen 13,00 € bis 17,00 €, zumal es sich nicht um Probierhäppchen, sondern vollständige und zudem recht nahrhafte Gerichte handelt. Ich habe tatsächlich die Größe unterschätzt und mir aus drei reduzierten Tellern ein Menü mit Vorspeise, Zwischengang und Hauptgericht plus Digestif-Dessert zusammengestellt:
Lachsforelle, Kaviar, Eidotter, Erdapfel (Geräuchertes und gebeiztes Lachsforellenfilet, Erdäpfel-Schnittlauchstampf, Dottercreme, Forellenkaviar und Schalotten-Sud);
Skrei, Wurzelgemüse, Erbsen, Lardo, Kren (Zart gegartes Filet vom Skrei im Lardomantel, Pastinakencreme, zweierlei von der Erbse, geschmorten Mini-Karotten und Krenschaum);
Kalbsbacke, Polenta, Trüffel, Karfiol (Zart geschmorte Kalbsbacke auf cremiger Trüffel-Polenta und glaciertem buntem Karfiol;
Sgroppino „OSCAR“ (Gerührtes Granatapfelsorbet mit Kalamansi, Prosecco und Vodka).
Zugegeben, bei der Kalbsbacke habe ich angefangen zu kämpfen und die trinkbare Nachspeise sollte der Erholung dienen. Das ist jetzt etwas übertrieben und für einen guten Esser ist das zu schaffen. Die Küche spart allerdings nicht an Zutaten, die auch für Sättigung sorgen, aber natürlich vor allem für den sehr guten Geschmack verantwortlich sind.
Die angenehm schnörkellosen Gerichte bestechen nicht unbedingt durch außergewöhnliche individuelle Kreativität. Alle Speisen waren jedoch einwandfrei zubereitet und im Geschmack ebenso ausgewogen wie kraftvoll. Das Oscar hungrig zu verlassen, halte ich für schwierig. Selbst der Sgroppino erfüllte die Funktion eines ordentlichen Desserts deutlich stärker als diejenige eines Digestifs.
Ich würde auf alle Fälle hier wieder einkehren, aber dann eventuell meine Speisenauswahl und -anzahl anders gestalten.
Das Oscar bietet ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und ist in jedem Falle einen Besuch wert.